Medizinische Kleintierklinik
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Antworten auf häufige Fragen

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns. Hunde und Katzen mit Epilepsie zeigen wiederholte epileptische Anfälle. Die Anfälle sind meistens kurz, dauern weniger als 1-2 Minuten und treten in unregelmäßigen Abständen auf. In der Phase zwischen den Anfällen haben die Tiere keine Beeinträchtigungen.

Wie sieht ein epileptischer Anfall aus?

Ein paar Beispiele für häufige Anfallstypen.
Am häufigsten kommt der Krampfanfall vor. Dabei fällt das Tier um oder es liegt auf der Seite und krampft am ganzen Körper. Viele Tiere speicheln dabei und zeigen Kaubewegungen oder schlagen mit dem Kiefer. Begleitend kommt es oft zu Urinabsatz. Typischerweise hört ein epileptischer Anfall nach kurzer Zeit wieder von selbst auf und dauert weniger als 1-2 Minuten.
Es gibt auch fokale Anfälle, bei denen die Krämpfe zuerst nur den Kopf oder einen Teil des Körpers betreffen. Bei manchen Tieren äußert sich ein epileptischer Anfall auch mit vorübergehendem Speicheln, kurzfristig geweiteten Pupillen oder Wahrnehmungsstörungen, wie z. B. ins Leere starren oder kurzen Zuckungen (Myoklonien).

Was ist eine Dyskinesie und kann sie mit einer Epilepsie verwechselt werden?

Die Dyskinesie ist eine nicht-epileptische Bewegungsstörung. Es gibt viele Erscheinungsformen von Dyskinesie. Am häufigsten ist eine sehr lange Verkrampfung des Körpers ohne andere Symptome eines epileptischen Anfalls wie Speicheln, weite Pupillen oder Urinabsatz. Es kann allerdings schwierig sein, eine fokale Epilepsie von einer Dyskinesie zu unterscheiden.

Welche Ursachen für Epilepsie gibt es?

Man unterscheidet die idiopathische Epilepsie von einer strukturellen Epilepsie. Bei der idiopathischen Epilepsie tritt die Epilepsie aus sich heraus auf. Die idiopathische Epilepsie ist die häufigste Epilepsie des Hundes. Speziell bei der idiopathischen Epilepsie erleidet der Hund seinen ersten Anfall in der Regel im Alter von 6 Monaten bis zu 6 Jahren. Eine genetische Ursache wird vermutet, wenn die Epilepsie in der Familie und bei Verwandten gehäuft auftritt. Meistens bleibt die Ursache jedoch unbekannt. In einigen Fällen wurden ein Epilepsiegen oder eine Gehirnstoffwechselstörung als Ursache von idiopathischer Epilepsie nachgewiesen.
Bei der strukturellen Epilepsie liegt ein Epilepsieherd im Gehirn vor, der die epileptischen Anfälle auslöst. Es kann sich dabei um die Spätfolge einer früheren Erkrankung des Gehirns wie z. B. um die Folge eines Unfalls, einer Entzündung oder einer Malformation (Missbildung) handeln. Es kann aber auch eine akute Erkrankung des Gehirns vorliegen wie z. B. eine Entzündung, ein Tumor, oder ein Schlaganfall. Krampfanfälle können auch durch Stoffwechselstörungen wie z. B. Unterzucker oder Leberversagen entstehen oder das Symptom einer Vergiftung sein. In diesen Fällen spricht man nicht von Epilepsie, sondern von reaktiven Krampfanfällen.

Kann man Epilepsie behandeln?

Mit einer Behandlung der Epilepsie sollte ab dem zweiten Anfall begonnen werden, bei Clusteranfällen, einer bekannten Epilepsieneigung oder bei struktureller Epilepsie auch ab dem ersten Tag.
Für die Therapie von idiopathischer Epilepsie beim Hund sind die Wirkstoffe Phenobarbital, Imepitoin und Kaliumbromid zugelassen. Aktuell kam es Corona-bedingt leider zu einem Engpass bei der Versorgung mit einigen Medikamenten, was für viele Tierbesitzer mit an Epilepsie erkrankten Hunden ein großes Problem darstellt. Die Therapie mit Phenobarbital erfolgt üblicherweise in einer Dosis von 5 mg pro kg Körpergewicht am Tag. Diese Dosis wird auf zwei regelmäßige Gaben von 2,5 mg/kg verteilt, die alle 12 Stunden verabreicht werden. Die regelmäßige Gabe alle 12 Stunden ist notwendig damit eine konstante Konzentration des Medikaments im Blut vorliegt und keine größeren Schwankungen entstehen.
Wichtig sind eine frühe Therapie und eine schnelle Dosisanpassung, wenn weiter Anfälle auftreten. Wir raten anfangs zu monatlichen Kontrollen und langfristig zu Epilepsiekontrollen alle drei Monate und Blutkontrollen alle 6 Monate. Details zu den Kontrollen können Sie in der Epilepsiesprechstunde erfragen.
Epilepsie ist in den meisten Fällen eine lebenslange Erkrankung und erfordert eine lebenslange Therapie. Viele Hunde mit idiopathischer Epilepsie sind von der Tierarztpraxis medikamentell gut eingestellt und leben mit der Epilepsie ohne Einschränkung der Lebensqualität und Lebensdauer. Leider wird nicht jeder Hund anfallsfrei und in einigen Fällen ist auch das Verhalten beeinträchtigt. Unser Ziel ist es, ein unkompliziertes Leben mit Epilepsie zu ermöglichen. Hierfür gibt es eine Reihe etablierter Therapiestrategien wie der Einsatz von Medikamenten mit anderen Wirkmechanismen und die Fütterung eines mit mittelkettigen Fettsäuren (MCT)-angereicherten Futters.

Wie wird eine Epilepsie diagnostiziert?

Für den Tierarzt sind Videoaufnahmen sowie eine genaue Beschreibung der Anfälle oder Episoden, am besten in einem strukturierten Fragebogen, sehr wichtig für eine erste Einschätzung, ob epileptische Anfälle vorliegen könnten.

Bei idiopathischer Epilepsie treten epileptische Anfälle wiederholt in unregelmäßigen Abständen und ohne nachweisbare Ursache auf. Häufig tritt der erste Anfall in einem Alter von unter 6 Jahren auf. Bestärkt wird der Verdacht auf idiopathische Epilepsie, wenn in der Familie des Hundes bereits Fälle von Epilepsie aufgetreten sind.

Ausschluss von anderen Ursachen

Eine diagnostische Methode, die positiv beweist, dass das Tier unter einer idiopathischen Epilepsie leidet, gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich bei der Diagnose „Epilepsie“ um eine Ausschlussdiagnose, d.h., dass alle anderen möglichen Ursachen für die Anfälle des Tieres ausgeschlossen werden müssen. Hierzu sind die Angaben zur Vorgeschichte des Hundes wichtig. An Untersuchungen werden immer eine allgemeine körperliche und eine spezielle neurologische Untersuchung sowie Laboruntersuchungen von Blut und Harn durchgeführt. Darüber hinaus können Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) Aufschluss über Verletzungen oder andere Veränderungen des Gehirns Aufschluss geben. Spezielle Untersuchungen wie die Aufzeichnung der Gehirnströme mit der Elektroenzephalographie (EEG) und die Untersuchung im Stoffwechsellabor können dazu beitragen, besondere Formen von Epilepsie und Dyskinesie zu charakterisieren.

Was kann ich als Tierbesitzer während eines Anfalls tun?

Das Tier vor Verletzungen zu schützen

Bei manchen Tieren kündigt sich ein Anfall z. B. durch Unruhe oder Angst oder Anschmiegsamkeit an. In diesen Fällen sollten Sie Ihr Tier an einen ungefährlichen Ort bringen und es z. B. vom Sofa auf den Boden legen oder die Treppe sichern, damit es während des Anfalls nicht herunterfällt und sich verletzt. Wenn Ihr Tierarzt Sie mit Notfallmedikamenten ausgestattet hat, z. B. Diazepam Rektaltuben, können Sie diese verwenden, um Anfälle zu unterbrechen, die nicht innerhalb von 1-2 Minuten von alleine aufhören. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung von Midazolam als „Nasenspray“ aber da viele Tiere während des Anfalls Kieferschlagen oder Kieferkrämpfe zeigen, ist dies nicht immer problemlos möglich. Sie sollten auf keinen Fall in das Maul des Tieres greifen.

Nach dem ersten Anfall zum Tierarzt oder in die Tierklinik

Nach dem ersten Anfall sollte das Tier möglichst schnell tierärztlich untersucht werden, denn ein Krampfanfall kann auch ein Symptom einer Vergiftung oder einer schweren Erkrankung sein, die sofortiger tierärztlicher Behandlung bedarf. Beim Tierarzt werden Sie auch, für den Fall, dass weitere Anfälle auftreten, mit entsprechenden Medikamenten ausgestattet. Oder es wird empfohlen Ihr Tier zur Beobachtung an der Klinik zu lassen, bis 24 Stunden kein weiterer Anfall aufgetreten ist. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, die bisherige medikamentöse Therapie anzupassen. Dies sollte aber auch in Rücksprache mit dem behandelnden Tierarzt geschehen.